Rund 70 Menschen haben am 6. Dezember vor der Essener Gruga-Halle gegen den Bundesparteitag der CDU und die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung demonstriert. Die RednerInnen thematisierten die Asylrechtsverschärfungen der vergangenen Monate und kritisierten flüchtlingspolitischen Positionen der Christdemokraten.
Fotos
Aufruf
Rede der Gruppe Creme Critique (Duisburg)
Rede der Gruppe Treffpunkt Asyl (Bochum)
Chronik der Asylrechtsverschärfungen (Antifa Essen Z)
Rassismus und deutsche Flüchtlingspolitik (Antifa Essen Z)
Fluchtursache Deutschland
Am 6. und 7. Dezember findet in Essen der Bundesparteitag der CDU statt. Das Thema Flüchtlinge und Zuwanderer dürfte bei dieser Zusammenkunft weit oben auf der Tagesordnung stehen – nicht zuletzt mit Blick auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf. Seit der so genannten Flüchtlingskrise im vergangenen Jahr gilt die Parteivorsitzende Angela Merkel bis hinein in linksliberale und linke Kreise als das Gewissen Europas und als Vorkämpferin für eine humanitäre Asylpolitik. Doch die Realität sieht anders aus. Seit Jahresbeginn setzt die Bundesregierung eine Asylrechtsverschärfung nach der nächsten durch: angefangen beim EU-Türkei-Deal, mit dem Flüchtlinge aus den Nahen Osten von Europa ferngehalten werden sollen, über die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Afghanistan und die Aussetzung des Familiennachzugs bis hin zu schikanierenden Wohnsitzauflagen, die mittlerweile selbst anerkannten Flüchtlingen vorschreiben, wo sie zu wohnen haben. Und das Ende der Fahnenstage ist offenbar noch lange nicht erreicht. Erst im Oktober legte das CDU-geführte Innenministerium einen neuen Gesetzentwurf vor, durch den geduldete Flüchtlinge noch schlechter gestellt und die Möglichkeiten, Abschiebehaft zu verhängen, deutlich ausgeweitet werden sollen. Die deutsche Parteienlandschaft besinnt sich wieder auf ihr “Vaterland”. Abschottung und Verwertung stehen auf der Agenda. Wurden bis vor kurzem die rassistischen Forderungen der AfD noch als menschenverachtend skandalisiert, ziehen die Unionsparteien jetzt mit genau diesen Parolen in den Wahlkampf.
Wir sagen “Nein” zu immer neuen Asylrechtsverschärfungen und zu einer Flüchtlingspolitik, die sich nach außen hin humanitär gibt, Hunger, Armut, Diskriminierung und Terror aber nicht als legitime Fluchtgründe anerkennen will. Deshalb rufen wir auf zum Protest gegen den Bundesparteitag der CDU und die auf Ausgrenzung, Abschottung und Verwertung ausgerichtete Flüchtlingspolitik der Bundesregierung.
Kommt am 6. Dezember um 17.30 Uhr zu unserer Kundgebung vor der Grugahalle in Essen!
Rede der Gruppe Creme Critique (Duisburg)
Wenn von rechts versucht wird, die Bundesvorsitzende der CDU, Angela Merkel, zu kritisieren, so wird oft ein ganz bestimmter Satz zitiert: „Wir schaffen das“ sagte die Bundeskanzlerin vor gut anderthalb Jahren. Diese Aussage ist eng mit dem zeitweisen Außerkraftsetzen der Dublin-Regelung verbunden, für das die Bundeskanzlerin bis hin aus linksliberalen Kreisen, wie der taz-Redaktion, bejubelt wurde. Eine hohle Phrase ohne konkrete Ziele, Wünsche oder Positionierung. Trotzdem ging dieser Satz um die Welt. Und tatsächlich: Verglichen mit den Ausrufen der pöbelnden Einheit aus AfD, Pegida, ihren Unions-Kolleg*innen aus der CSU und dem Schießbefehl von Orban aus Ungarn erschien diese platte Aussage und das Handeln der Kanzlerin schon fast fortschrittlich. Schnell zeigte sich aber, es blieb bei leeren Versprechungen:
Es ging der Bundesregierung eben nicht darum, Menschen Zuflucht zu gewähren und ihnen langfristig ein neues zu Hause zu bieten. Es ging auch nicht darum, Strukturen zu schaffen, die Geflüchteten ein menschenwürdiges Dasein bieten können.
Vielmehr ging es darum, das Bild Deutschlands und Europas in der Weltöffentlichkeit, zu erhalten, denn die Menschen an den Grenzen Europas hätte man nur mit Waffengewalt und damit mit einem immensen Imageschaden aufhalten können. Ein Imageschaden, der dem Wirtschaftsstandort Deutschland geschadet hätte.
Dass es der deutschen Politik nicht um Humanismus, oder Menschenleben ging, zeigen dabei am deutlichsten die zur gleichen Zeit beschlossenen Asylrechtsverschärfungen, die geplante Einstufung von Afghanistan als sogenanntes sicheres Herkunftsland und der Fakt, dass noch immer tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken.
Rufen wir uns das Ganze nochmal vor Augen: Seit 2014 sind über 10.000 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken, mehr als 3.800 allein in diesem Jahr! Die ersten Abschiebungen nach Afghanistan sollten, wenn es nach der CDU geht, noch in den nächsten Monaten erfolgen. Dem besonders harten afghanischen Winter und der katastrophalen Sicherheitslage zum Trotz. Geflüchtete müssen seit Jahren in Turnhallen oder anderen Behelfsunterkünften leben, obwohl es immer weniger Menschen überhaupt nach Deutschland schaffen.
Es ist auch nicht verwunderlich, wenn es entgegen ihrer Verlautbarungen, nicht im Interesse der CDU liegt, Fluchtursachen zu bekämpfen. Denn dies hieße den Kapitalismus bekämpfen. Im Gegenteil: Zum Wohle der Wirtschaft und internationaler Beziehungen werden Verträge mit Staaten, wie dem Iran, abgeschlossen, die die aktuelle Lage, welche überhaupt Menschen zur Flucht treibt, weiter befeuern.
Lieber versucht sie Bundesregierung mit CDU-Beteiligung es den Menschen so schwer wie möglich zu machen: Nachdem durch Deals mit dem AKP-Regime in der Türkei bereits ein großer Teil der Geflüchteten Europa gar nicht mehr erreichen kann, besuchte die Bundesvorsitzende der CDU im Rahmen ihrer Afrika-Reise ausschließlich sogenannte Transitländer. Auch hier ging es darum, autoritäre Herrscher mit vermeintlichen „Hilfsleistungen“ dazu zu bringen, Flüchtlinge aufzuhalten. Notfalls mit Gewalt. „Wir schaffen das“ heißt für die CDU also vor allem eins: Den Status Deutschlands aufrecht zu erhalten. Dabei geht es nicht um das Wohl der ankommenden Menschen, sondern um eine wirtschaftliche, und soziale Stabilisierung des Staates TROTZ der Geflüchteten.
Für uns hingegen gilt es eins zu „schaffen“: Die Verhältnisse zu überwinden, die dafür sorgen, dass Menschen fliehen müssen. Dass sie in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt sind und sich den Ort an dem sie leben möchten nicht aussuchen können. Dafür können wir auf keine Partei bauen. Wir zeigen uns lieber solidarisch mit den Geflüchteten, die um ihre Rechte kämpfen! Für uns gilt: Kein Mensch ist illegal!
Rede der Gruppe Treffpunkt Asyl (Bochum)
Liebe Freund*innen,
wir sind heute hier vor dem CDU-Parteitag, um gegen die menschenunwürdige Flüchtlingspolitik der Union zu protestieren. Es gibt unzählige Gründe heute und hier für Menschen einzustehen: Die CDU hat gestern angekündigt, mehr Menschen härter denn je abzuschieben. Sie nennen es „neue Konsequenz“ – dabei bleibt jede Abschiebung ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Menschenwürde und gegenüber Menschen, die von physischer und physischer Gewalt ihnen und ihren Familien gegenüber bedroht sind. Dazu kommen der EU-Türkei-Deal, der EU-Afghanistan-Deal, der mögliche EU-Ägypten-Deal. Die weitere Abschottung durch Frontex. Immer weniger Menschen können ihr Recht auf Asyl in Europa und Deutschland wahrnehmen.
Und die Menschen, die es überhaupt geschafft haben, hier anzukommen und anerkannt zu werden, werden heute durch ihr Gesetz in Unsicherheit und Angst versetzt. Und das nennen sie auch noch ironisch „Integrationsgesetz“. Insbesondere gegen die sogenannte „Wohnsitzauflage“, eine Vorschrift aus dem Gesetz, die das Aufenthaltsrecht geändert hat, haben selbstorganisierte geflüchtete Menschen seit August in mehreren Ruhrgebietsstädten und in der Landeshauptstadt Düsseldorf protestiert.
Der Wohnsitzzwang besagt: Wer in 2016 eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat, der muss in dem Bundesland wohnen, in dem der Antrag bearbeitet wurde. Das Gesetz trat am 6. August 2016 in Kraft, galt aber rückwirkend: Menschen, die seit Januar umgezogen waren, sollten von heute auf morgen die Koffer packen und werden aus ihrem Wohnort vertrieben. Viele kamen aus ostdeutschen Bundesländern nach NRW – sie haben rassistische Gewalt mitansehen oder am eigenen Leib erfahren müssen. Plötzlich heißt es: „Geht nach zurück Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern!“ Obwohl die Menschen seit Monaten hier wohnen, sollen sie hier kein Zuhause mehr haben. Wieder von Null anfangen.
Sie haben sich viel aufgebaut: Wohnungen und Freund*innen gefunden, ehrenamtliche Sprachkurse besucht und sich um weitere Maßnahmen bemüht. Es gibt wenige Ausnahmen für den Wohnsitzzwang. Menschen, die vor dem 6. August umgezogen sind, können laut Gesetz einen Härtefallantrag stellen. Menschen nach dem Stichtag wird diese Möglichkeit willkürlich verwehrt. Viele Bundesländer lehnen anders als NRW den von der Bundesregierung eingeführten Zwang sogar ab, da „durch einen Rückumzug eine begonnene Integration unterbrochen würde.“
Seit dem 1. Dezember will NRW außerdem alle, die nach dem 6. August eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, zwangsweise einen Wohnsitz innerhalb des Bundeslandes vorschreiben. Eine weitere Verschärfung, die von der Großen Koalition unter SPD und CDU mit dem „Integrationsgesetz“ erst möglich gemacht wurde
Aber worum geht es eigentlich wirklich? Die Frage ist schnell beantwortet: Um Geld. Welche Kommunen müssen wie viel für Schutzsuchende zahlen? Statt den einfachen Weg zu gehen und Gelder zu verteilen, werden Menschen vertrieben.
Ein Wohnortzwang ist für uns schlicht nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Recht auf Freizügigkeit gilt für Flüchtlinge und subsidiär Geschützte nach Artikel 33 der EU- Qualifikationsrichtlinien. Der Europäische Gerichtshof entschied in einem Urteil vom 1. März 2016, dass eine Wohnortzuweisung aus fiskalischen Gründen weder mit EU-Qualifikationsrichtlinien noch nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar ist.
Wir fordern die CDU deshalb heute auf: Schaffen Sie die „Wohnsitzauflage“ wieder ab!
Und wir fordern: Halten Sie sich an die Menschenrechtskonventionen – wenn wir uns von hilfsbedürftigen Menschen abwenden und sie ihrem Schicksal überlassen, haben wir unsere grundlegende Ethik des Miteinanders verloren. Keine Abschiebungen, keine Abschottung, keine weiteren Asylrechtsverschärfungen und menschenunwürdige Gesetze!
In diesen Zeiten, in denen rassistische Gesetze auch noch den letzten Rest des Asylrechts immer weiter einschränken ist es wichtiger denn je, offen Solidarität mit geflüchteten Menschen zu zeigen. Im vergangenen Jahr gab es viele Proteste von geflüchteten Menschen im Ruhrgebiet und in Deutschland. Unsere Solidarität muss praktisch sein! Deshalb ein Aufruf an euch alle: Support your local Refugees! Unterstützt den Kampf für ein menschenwürdiges Leben!
Chronik der Asylrechtsverschärfungen (Antifa Essen Z)
Seit der so genannten Flüchtlingskrise im vergangenen Jahr gilt die CDU-Bundesvorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel bis hinein in linksliberale und linke Kreise als das Gewissen Europas und als Vorkämpferin für eine humanitäre Asylpolitik. Ihr legendärer Ausspruch „Wir schaffen das“ ist sowohl ihren Gegner als auch ihren Anhängern gut in Erinnerung geblieben. Was viele übersehen, ist die Tatsache, dass auf diese Worte viele Taten gefolgt sind, die so gar nicht ins Bild einer humanitären Flüchtlingspolitik passen. Wir haben versucht, die größten flüchtlingspolitischen Schweinereien, die die CDU-geführten Bundesregierung allein in diesem Jahr durchgesetzt hat, in einer kurzen und sicherlich unvollständigen Chronik zusammenzufassen.
Anfang Februar forderte Bundesinnenminister Thomas De Maiziere die Innenminister der Länder in einem Rundschreiben dazu auf, „unverzüglich“ mit der Abschiebung abgelehnter afghanischer Flüchtlinge zu beginnen. Obwohl in fast allen Teilen des zentralasiatischen Landes jederzeit Terroranschläge und Entführungen drohen, hält De Maiziere Afghanistan für hinreichend sicher.
Ende Februar verabschiedet der Bundestag das „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“, auch bekannt unter der Bezeichnung „Asylpaket II“
Das Asylpaket II sieht unter anderem vor:
– Die ohnehin schon extrem geringen Leistungssätze für Asylbewerber werden weiter reduziert.
– Auch im Krankheitsfall sollen Abschiebungen künftig leichter möglich sein.
– Das Recht auf Familiennachzug für Menschen mit subsidiären Schutzstatus wird eingeschränkt. Das betrifft Leute, die „nur“ vor Krieg geflohen sind und keine individuelle Verfolgung nachweisen konnten – diese müssen nun zwei Jahre warten, bevor sie ihre Angehörigen nachholen können
– Es werden „besondere Aufnahmeeinrichtungen“ geschaffen, überwiegend für Flüchtlinge aus so genannten sicheren Herkunftsländern. Dort sollen die Asylanträge innerhalb weniger Tage bearbeitet werden. Anschließend sollen die abgelehnten Asylsuchenden so schnell wie möglich abgeschoben werden. Rechtsberatung steht den Flüchtlingen dort in der Regel nicht zur Verfügung.
Zeitgleich mit dem Asylpaket II, also auch Ende Februar, beschließt der Bundestag das „Gesetz zur erleichterten Ausweisung ausländischer Straftäter“. Die Bundesregierung verkauft dieses Gesetz als Reaktion auf die Ereignisse der Kölner Silvesternacht: Bestimmte Straftaten sollen künftig ein „schwerwiegendes Ausweisungsinteresse“ begründen. Das betrifft allerdings nicht nur Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, sondern auch Eigentumsdelikte oder „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“.
Mitte März einigen sich die EU-Staats- und Regierungschefs mit der Regierung Erdogan auf den so genannten EU-Türkei-Deal: Aus Griechenland sollen nun alle Schutzsuchenden, die von der Türkei aus auf den griechischen Inseln ankommen, in die Türkei zurückverfrachtet werden. Und das, obwohl die Türkei zu diesem Zeitpunkt bereits hunderte Flüchtlinge in die Bürgerkriegsländer Syrien und Irak abgeschoben hatte.
Anfang April legt die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzentwurf vor, durch den Algerien, Marokko und Tunesien zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt werden sollen. In diesen Ländern haben Menschenrechtsorganisationen Fälle von Folter und extralegalen Tötungen durch staatliche Akteure dokumentiert. Bürgerliche Rechte wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt, Homosexuelle werden strafrechtlich verfolgt, Frauen nicht hinreichend vor sexueller Gewalt geschützt. Die Bundesregierung hält diese Länder trotzdem für sicher. Das Gesetzesvorhaben scheitert aber trotz mehrerer Anläufe an der Zustimmung des Bundesrats.
Im Sommer 2016 ändert das für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständige Bundesamt auf Geheiß des Bundesinnenministers seine Entscheidungspraxis für syrische Asylantragsteller: Diese werden künftig i.d.R. nicht mehr als Flüchtlinge anerkannt, sondern erhalten lediglich einen so genannten Subsidiären Schutzstatus. Das schränkt für die Betroffenen nicht nur die Aussichten auf eine längerfristige Bleibeperspektive ein, sondern hat auch Auswirkungen auf den Familiennachzug. Schließlich wurde mit dem kurz zuvor verabschiedeten Asylpaket II festgelegt, dass Menschen mit subsidiärem Schutzstatus zwei Jahre warten müssen, bevor sie einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen können.
Anfang Juni bringt die Bundesregierung ihren Entwurf für ein neues „Integrationsgesetz“ in den Bundestag ein. Durch die neu eingeführten Wohnortzuweisungen wird seither auch anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten vorgeschrieben, in welchem Ort sie wohnen müssen. Besonders perfide: Die Regelung kann auch rückwirkend angewandt werden. Tausende anerkannte Flüchtlinge, die vor Monaten vollkommen legal in größere Städte gezogen sind, werden nun gezwungen, ihre Wohnung zu kündigen und in eine andere Kommune umzuziehen. Außerdem sieht das Integrationsgesetz vor, angeblich „integrationsunwilligen“ Flüchtlingen einen Teil ihrer ohnehin geringen Sozialleistungen zu streichen.
Ende September wird bekannt, dass die europäischen Regierungen Afghanistan dazu verpflichten wollen, 80.000 abgelehnte afghanische Asylbewerber aufzunehmen. Anderenfalls drohen die europäischen Staaten mit einer drastischen Kürzung der Entwicklungshilfe.
Im Oktober legt das Bundesinnenministerium einen Gesetzentwurf „zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ vor. Die Regelung führt eine Duldung zweiter Klasse ein. Das Bundesinnenministerium beabsichtigt damit, die Betroffenen von allen Möglichkeiten auszuschließen, die langjährig Geduldeten bisher offen stehen, um in Deutschland ein Bleiberecht zu erhalten. Dies betrifft z. B. den Arbeitsmarktzugang, die Arbeitsfördermöglichkeiten und den Anspruch auf ein dauerhaftes Bleiberecht. Aber auch der Zugang zur Bildung soll versperrt werden. Außerdem werden die Gründe und der Umfang von Abschiebehaft ausgeweitet.
Rassismus und deutsche Flüchtlingspolitik (Antifa Essen Z)
Nachdem die Bundesregierung im Sommer 2015 das Scheitern ihrer tödlichen Abschottungspolitik kurzerhand zu einem Akt der Großherzigkeit erklärte, indem sie die ohnehin nicht mehr aufzuhaltenden Geflüchteten offiziell aufnahm, ist nun wieder Härte angesagt. Der vorgeblich humane Akt sicherte nun nach der wirtschaftlichen auch die moralische Überlegenheit in Europa, dessen Staaten doch nur die maßgeblich von Deutschland diktierte Grenzpolitik praktizierten. Doch nicht allen schmeckte der moralisierende Schein und schnell fühlte sich der deutsche Mob im Stich gelassen. Um diese Stammwählerschaft wieder zurückzugewinnen läuft zurzeit die härteste Kampagne gegen das Asylrecht seit den Neunzigern. Fast im Monatstakt werden die Asylgesetze verschärft und weitere Länder zu “sicheren Herkunftsstaaten” erklärt.
Als Erstes traf es die Balkanflüchtlinge: Um die Wut von den Kriegsflüchtlingen abzulenken wurde diese ohnehin schon als “Wirtschaftsflüchtlinge” diffamierte Gruppe Opfer der ersten Verschärfungen. Mehrere Balkanstaaten wurden entgegen der tatsächlichen Gefahrenlage insbesondere für Romnja zu sicheren Herkunftsstaaten deklariert. Zudem wurden spezielle Lager eingerichtet um sie von vornherein von der Gesellschaft auszuschließen und sie mit Asylschnellverfahren abzufertigen. Auch die, die bisher geduldet wurden, gerieten ins Visier der Behörden. Nachdem Innenminister de Maizière angekündigt hatte, die Zahl der Abschiebungen in die Balkanstaaten zu verdoppeln, wurden zahlreiche Duldungen zurückgenommen oder nicht verlängert. Alleine im ersten Halbjahr 2016 kam es zu über 13.700 Abschiebungen.
Um die Parolen der Rechtspopulisten ins eigene Programm zu integrieren, wurden anschließend auch die Rechte von “Kriegsflüchtlingen” abgebaut. So wurde unter anderem das Recht auf Familiennachzug stark eingeschränkt und die Wohnsitzauflage wieder eingeführt. Aktuell ist der Innenminister nun dabei, Abschiebungen nach Afghanistan zu forcieren.
Auch die Bedingungen in den Unterkünften sind nicht auf dem Weg der Besserung. Nach wie vor hausen viele der 2015 angekommenen in Zeltdörfern, die von privaten Unternehmen geleitet werden. Oft herrscht in den Unterkünften ein Klima der Angst vor den Lagerleitern, die unliebsame Geflüchtete strafversetzen und immer wieder kommt es zu Übergriffen durch unqualifizierte Sicherheitskräfte. Anstatt die Bedingungen für eine gescheite soziale Integration zu schaffen lädt die Regierung ihre Aufgaben auf private Unternehmen und ehrenamtliche Helfer ab.
Auch wenn PEGIDA und co. in ihrem verschwörungstheoretischen Wahn den Feind in der angeblich flüchtlingsfreundlichen oder gar “linksgrünen” Regierung ausgemacht haben, bedeutet dies noch keinesfalls, dass ein Eintreten gegen PEGIDA und AfD ein Eintreten für die CDU mit sich bringt. All diese zuvor genannten Aspekte sollten keinen Zweifel daran lassen, dass Merkel und die CDU keinesfalls die Verteidiger humanitärer Werte sind. Im Gegenteil beschließen sie ein menschenverachtendes Gesetz nach dem anderen und befeuern mit markigen Statements den Rassismus der Mehrheitsgesellschaft.
Die Liste mit unsäglichen Gesetzesänderungen, die hier angerissen wurde, ließe sich noch lange fortsetzen, sei es mit dem Türkei-Deal oder der Kooperation mit afrikanischen Regimen. Hier auf diesem Parteitag wird an der Fortsetzung dieser Liste gearbeitet.
Wir fordern offene Grenzen und ein uneingeschränktes Bleiberecht für alle Menschen. Unabhängig davon ob sie aus Kriegsgebieten fliehen oder aus Gründen wirtschaftlicher Not ihr Herkunftsland verlassen haben. Und bis es soweit ist, sehen wir es als unsere Aufgabe, weitere rassistische Anschläge zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die Täter nicht noch einmal zuschlagen.
Fluchtursache Deutschland (Antifa Essen Z)
Deutschland ist weiterhin für viele Flüchtlinge ein beliebtes Ziel. Mit über 820.000 Einreisen ist im vergangenen Jahr die bislang höchste Zahl von Asylbewerberzugängen erreicht worden, die je in Deutschland verzeichnet worden ist. Bis Ende September dieses Jahres kamen dank erfolgreicher Abschottungspolitik der EU nur noch rund 270.000 Flüchtlinge nach Deutschland.
Mit Deutschland exportiert auch kaum ein anderes europäisches Land mehr Elend in die Welt. Der deutsche Exportweltmeister kann nur deshalb so gewaltige und weltweit wie wirtschaftshistorisch einmalige Überschüsse im Ausfuhrwesen erzeugen, weil seit Jahren Waren, Investitionen, Kredite, Waffen, Krieg und sog. Entwicklungshilfe bis in die entlegensten Gebiete des Planeten gestreut werden und dafür Sorge tragen wird, dass weitere Regionen unbewohnbar werden.
Gleichzeitig ist in der deutschen und europäischen Debatte um Flüchtlingspolitik und Migration aus Bürgerkriegsländern auf offizieller Seite immer wieder von der „Bekämpfung der Fluchtursachen“ die Rede. Das hört sich gut an und das passt zum Selbstbild einer den Menschenrechten verpflichteten Politik, die die Lebensbedingungen der Menschen in den Herkunftsländern verbessern will.
Tatsächlich arbeitet Deutschland jedoch vordergründig daran, die Migration nach Europa einzudämmen. Die Bundesregierung kooperiert z. B. mit diktatorischen Regimes in Ostafrika und stößt mit diesen gemeinsame Projekte zur Flüchtlingsabwehr an; baut zusammen mit der EU die Festung Europa rund um das Mittelmeer aus und beschließt – wie erst in der jüngsten Vergangenheit – immer weitere Asylrechtsverschärfungen.
Angesichts der anschwellenden Klagen über die steigenden Flüchtlingszahlen, die begrenzten Versorgungskapazitäten und die Belastungen durch sog. Kulturfremde haben Politiker fast aller Parteien im Laufe des vergangenen Sommers pausenlos Vorschläge abgeliefert, wie der „Flüchtlingskrise“ beizukommen sei. Alle Bestrebungen kreisten darum, wie man möglichst viele Flüchtlinge in möglichst kurzer Zeit verwerten, in den Dienst nehmen oder wieder loswerden könne.
Übel ist diese Debatte um Integration, die vorrangig auf den hiesigen Arbeitsmarkt abzielt, vor allem deshalb, weil sie auf dem denkbar breiten Konsens basiert, die nicht brauchbaren Ankömmlinge rasch zu identifizieren und wieder loszuwerden. Im Zentrum steht dabei die alte und nach wie vor falsche Unterscheidung zwischen angeblich berechtigter und unberechtigter Migration. Spätestens seit sich der Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ in der öffentlichen Debatte großer Beliebtheit erfreut, ist diese zynische Logik offen zu Tage getreten.
Doch, die Festung Europa kann angesichts der globalen Krisen nicht ewig standhalten. Mit der bisherigen ekelhaften Melange aus Repression, Abschottung, Volkszorn, Fluchtkontrolle, Integration und Abschiebung wird man die weltweite Migrationsdynamik nicht aufhalten können.
Die Festung Europa wird fallen!
Wir begrüßen dies und heißen die Flüchtlinge willkommen!