Am 26.4.08 demonstrierten fast 200 Antifaschistinnen und Antifaschisten im Essener Stadtteil Freisenbruch gegen die örtlichen Nazistrukturen.
Pressemitteilung der organisierenden Gruppen
Zudem berichteten Steeler Kurier und WAZ über die Demonstration
Steeler Kurier vom 30.04.
Friedlich: Antifaschistische Demonstration in Freisenbruch
Am vergangenen Samstag demonstrierten knapp 200 Antifaschisten gegen neonazistische Umtriebe in Freisenbruch. Anlass war eine Initiative dreier Essener „Antifagruppen“. Die Demonstration verlief friedlich. Dazu Jana Zucker, Pressesprecherin des Zusammenschlusses Essener Antifagruppen: „Die Solidarität der Anwohner im Voraus und während der Demonstration hat uns positiv überrascht. Es war uns möglich, eine lautstarke und öffentlichkeitswirksame Demonstration durchzuführen. Erschreckend waren hingegen die am Rande der Demonstrationsstrecke an jedem Laternenpfahl und jedem Stromkasten sichtbaren Naziparolen und Aufkleber. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.“
WAZ vom 30.04.
Nur gezielte Aufklärung hilft
Essener Antifaschistische Gruppen demostrieren gegen „rechtsradikale Auswüchse im Bezirk“.Bürger für das Thema Neofaschismus sensibilisieren und gleichzeitig ein friedliches Zeichen setzen
Freisenbruch. Jäh wird die Mittagsruhe unterbrochen. Rund 200 Menschen, vorwiegend Jugendliche und junge Erwachsene, verschaffen sich Gehör – ausgerüstet mit Megaphonen und einer beachtlichen Polizeieskorte im Schlepptau. Sie wollen auf „rechtsradikale Auswüchse im Bezirk“ aufmerksam machen. „Freisenbruch und die angrenzenden Stadtteile werden immer mehr zu einer Hochburg für Nazis“, schallt es aus den Lautsprechern.
Zur Demonstration am vergangenen Samstag hatte der Zusammenschluss der Essener Antifaschistischen Gruppen (kurz Antifa-Gruppen) geladen. Ziel der Veranstaltung war nicht nur die Sensibilisierung der Bürger für das Thema Neofaschismus. Gleichzeitig wollten die Antifaschisten ein friedliches Zeichen setzen: Im Vorfeld der Massenkundgebung wurden im Stadtteil Flugblätter in den Umlauf gebracht, die wiederum vor der Gewaltbereitschaft linker „Chaoten“ warnten. „Dabei liegt uns nichts ferner als Gewalt“, beteuert ein Organisator, der aus Angst vor möglichen Repressalien ungenannt bleiben möchte.
„Diese Angst ist berechtigt“, so das Antifa-Mitglied weiter. Die rechte Szene sei dabei, „sich im Stadtteil zu etablieren“. Ein Personenkreis von etwa 20 Mann sei derart gut organisiert, um spürbare Aktionen durchführen zu können. Immer öfter komme es zu Übergriffen, „Plakate und an Häuserfassaden geschmierte Parolen“ seien deutlich zu sehen. Und tatsächlich: Während des Streifzuges durch die Nachbarschaft sind derartige Schmierereien immer wieder zu entdecken. „Israel, nein danke“, ist auf einer Holztür zu lesen, darunter der Zusatz „Frohe Weihnachten“.
Machen die Kritzeleien den Essener Osten schon zur „rechten Hochburg“? Bezirksvertreter Frank Müller (SPD), der dabei ist: „Bisher haben wir dieses Problem in der BV VII noch nicht so wahrgenommen.“ Auch die Polizei konnte bislang kein erhöhtes Ausmaß rechtsradikal motivierter Straftaten feststellen. Rainer Sonntag vom Anti-Rassismus-Telefon ergänzt jedoch: „Von unseren Anrufern wissen wir, dass sie die Anzeige aus Angst vor Scherereien mit der Polizei oder den Tätern selbst oftmals unterlassen.“
Für die Jugendlichen ist die Bedrohung allerdings existent. Während ihres Marsches machen sie immer wieder vor Häusern, in denen „landes- und bundesweit bekannte Nazis“ wohnen, Halt und informieren Anwohner über Aktivitäten ihrer Nachbarn. „Wir kriegen euch alle“, skandiert die Menge. Die richtige Botschaft? Rainer Sonntag ist skeptisch: „Das Anprangern von Einzeltätern ist der falsche Weg, er führt lediglich zu weiteren Provokationen. Viel wichtiger ist es, die schleichende und fremdenfeindliche Grundstimmung durch gezielte Aufklärung zu bekämpfen.“ Damit meint Sonntag nicht nur die Aufklärung unter Jugendlichen: „Fremdenhass ist kein Jugendproblem mehr.“
Dies weiß auch der junge Mitorganisator von der Antifa, der nach der Abschlusskundgebung am Bahnhof Steele-Ost sichtlich erleichtert ist: „Gut, dass alles glatt verlaufen ist. Es sollten wohl ein paar Störaktionen stattfinden, doch die Polizei hatte die Lage gut im Griff.“ Nun gelte es, ein „aktionsorientiertes Netzwerk“ zu schaffen. „Wir in Freisenbruch müssen Zivilcourage zeigen und rechte Straftaten konsequent anzeigen“, fordert eine Initiatorin.